Mit den Fahrrädern bis zur Überseestadt

Bremen. Mit dem Fahrrad durch die Großstadt cruisen? Wir haben das Abenteuer gewagt und unseren Multivan drei Tage vor dem Hotel geparkt. Schließlich ist Bremen gekürte Fahrradstadt. Was mit vier Kindern plus Hund zunächst eine logistische Herausforderung war, begeisterte am Ende wirklich alle Familienmitglieder. Na gut, der Hund brauchte einen Moment länger, um es sich in seinem neuen Croozer gemütlich einzurichten.

Unser Hotel lag etwa 5 km von der Altstadt entfernt und direkt am Bürgerpark. Zentral genug, um mit dem Fahrrad in die Stadt zu fahren. Mit dem Bürgerpark direkt vor der Hoteltür hatten wir unser erstes Ziel quasi erreicht, noch bevor wir in die Pedale treten konnten. Perfekte Lage also. Wir sind natürlich nicht direkt wieder abgestiegen, sondern ein bisschen gefahren. Erst noch kreuz und quer, jeder seine Position suchend. Die Wege waren selbst für Gegenverkehr und entgegenkommende Jogger oder Kinderwagen in Überbreite immer noch breit genug für alle.

Wir haben kurz vergessen, in der Großstadt unterwegs zu sein. Die kleinen Bäche, Seen, Brückchen zwischen dem Grün, soweit das Auge reicht, sind wirklich ein wunderschönes Gartendenkmal. Ein Landschaftspark mitten in der Großstadt, mit ganz viel Charme.

Vermutet man nicht, aber mittendrin ein Tiergehege mit ausgewählten Nutztierarten, die vom Aussterben bedroht sind. Rund um den Reetdachstall reihen sich mehrere Koppeln mit einer Bentheimer Altsau, Eseln, Schafen, Gänsen #orangenente. Besucher zahlen keinen Eintritt, der Park wird gänzlich von einer Bürgerinitiative unterhalten. Derartige Projekte begeistern mich immer wieder, und unsere Kids fanden diese kleine Abwechselung natürlich auch großartig. 

Vom Bürgerpark aus steuert man direkt über die Wallanlagen auf die Altstadt bzw. die Weser-Promenade zu. Zur einfachen Orientierung haben wir uns die Bremen-Bike-App geladen. Damit kann man easy alle Ziele eingeben und sich genauso einfach auf den Fahrradwegen dorthin navigieren lassen.

Bevor wir uns westlich Richtung der vielen Häfen aufgemacht haben, musste ein kleiner Abstecher zum Weserstadion Richtung Osten sein. Ihr merkt, wenn ich unserer Ausflüge plane, dann immer so, dass für jeden etwas Besonderes dabei ist. Und wie besonders dieser Abstecher war, hatte ich tatsächlich nicht geplant.

Vom Fan-Shop aus kann man aufs Spielfeld der SV Werder Bremen schauen. Das war der eigentliche Plan. Wir sind zeitgleich mit einem kleinen Kamerateam im Fan-Shop angekommen und nur wenige Minuten später sind zwei Werder-Busse eingetroffen mit den echten Spielern!!! Klar, dass wir unseren Zeitplan überzogen haben und die aussteigende Fußballmannschaft unsere ganze Aufmerksamkeit bekommen hat, oder?

Unser Endziel für die heutige Fahrradtour war die Überseestadt, das historische Hafengelände, welches sich heute zum modernen Szene-Stadtteil gemausert hat. Vorbei an 50er-Jahre Backsteingebäuden, gestapelten Containern, auf Kopfsteinpflaster über rostige Bahnschienen fahrend, hat uns auch hier die Bremen-Bike-App navigiert.

Cornflakes werden hier schon lange nicht mehr Kellog‘s produziert, dennoch imposant, wie aus dem alten Firmengelände neue Lebensräume entstehen. Leuchttürme sind in Bremen übrigens rar, aber hier in der Überseestadt findet ihr den schnuckeligen Molenturm der über 100 Jahre seine Funktionen als Leuchtturm hatte.

Das Hafenmuseum Speicher XI, in dem man selbst Schiffe beladen kann sowie das Kaffeerösterei-Ambiente der frühere Kaffee-HAG-Fabrik (heute Lloyd Caffee) heben wir uns für den nächsten Besuch auf. Von hier aus soll der Blick auf Schiffscontainer sehr imposant sein. Klingt nach einem Muss, aber war es wieder so, dass „zu wenig Uhr“ am Ende des Tages übrig war.

Im Herbst kann man sich ja schon mal mit Lebkuchen eindecken. Um die Lebkuchenmanufaktur in der Überseestadt zu finden, sind selbst die großen Online-Suchmaschinen überfordert. Zum Glück stehen überall selbstgemalte Hinweistafeln, die uns dann doch zur kleinen Süßfabrik gebracht hat.

Ganz süße Familiengeschichte im doppelten Sinn: angefangen vor drei Generationen mit einem selbstgemachten Eis und dem Verkauf vom Handkarren aus, lebt diese Tradition der Eismacher-Familie im Ursprung weiter. Denn auf Handwerk und Genuss wird noch heute gleichermaßen Wert gelegt. In der einen Jahreshälfte produziert Familie Coldewey noch heute Eis ganz exklusive für den Bremer Freimarkt. In der zweiten Jahreshälfte werden in der Manufaktur Elisen-Lebkuchen hergestellt, mit hanseatischer Würze oder dem typisch nordischen Sanddorn. Klingt schon besonders, oder? Wir haben uns in der kleinen Manufaktur umgeschaut, durften probieren und den Konditoren bei ihrem Handwerk ein wenig zusehen. Lecker war’s und ich kann euch sagen, der Duft … himmlisch.

Traut euch! Per Fahrrad erlebt ihr die Stadt einfach viel intensiver und flexibler, als wenn ihr mit Auto oder öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs seid.

Solltet ihr kein eigenes Fahrrad dabeihaben, leiht euch unbedingt eins vor Ort. Bremen ist Fahrradstadt und es gibt rund um die Altstadt ausreichend Bike-Sharing-Angebote. Wir hatten uns vorab grobe Ziele gesetzt und man ist wirklich schwupsidiwups am nächsten Highlight, eben in dem Tempo, dass für alle passt. Das Fahrradwege-Netz ist bestens ausgeschildert.

Als Familienausflug unbedingt zu empfehlen!